Absicherung medizinischer Geräte mit VMware SD-WAN und NSX (German Version)

In den letzten Jahren haben wir eine Vielzahl von Cyberangriffen wie Ransomware, Malware, Trojaner usw. im Gesundheitssektor erlebt. Zuletzt gab es einen Ransomware-Angriff auf das irische medizinische Gesundheitssystem (https://www.heise.de/news/Ransomware-legt-IT-des-irischen-Gesundheitswesens-lahm-6046309.html). Die Hauptziele der Hacker sind primär medizinische Geräte wie Infusionspumpen, Computertomographen (CT), Magnetresonanztomographen (MRT), PACS-Systeme (Picture Archiving and Communication System), etc.

Warum sind medizinische Geräte ein beliebtes Ziel für Hacker?

Hierfür gibt es mehrere Gründe. Die medizinischen Geräte haben oft Sicherheitslücken und die Patches sind nicht auf einen aktuellen Stand. Ein Grund ist die unterschiedliche Hardware, sowie das es spezielle Betriebs- und Anwendungssysteme gibt. Es ist nicht damit getan, darüber nachzudenken, wie kann ich eine spezielle Windows- oder Linux-OS-Version absichern. Krankenhäuser oder Kliniken müssen eine Menge verschiedener Software und Endgeräte verwalten. Medizinische Geräte verwenden spezielle Protokolle wie DICOM (Digital Imaging and Communications in Medicine) und oft ist es aus regulatorischer Sicht (wie z.B. ISO-Standards, BSI-Zertifizierungen, etc.) nicht erlaubt, Änderungen an diesen Geräten vorzunehmen.

Das hohe Cybersicherheitsrisiko ist ein weiterer Grund, warum medizinische Geräte für Hacker ein beliebtes Ziel sind. Die Auswirkungen eines Angriffs im Gesundheitssektor können sehr kritisch sein. Das Ergebnis kann in einem Ausfall von medizinischen Geräten, Gefahr für den Patienten, Verlust von persönlichen Patientendaten oder Unterbrechungen im Klinik-alltag enden. Die Covid Pandemie macht diese Situation noch realer und gefährlicher.

Was sind die ursprünglichen Anwendungsfälle für SD-WAN und NSX?

Bevor ich auf die Absicherung der medizinischen Geräte komme, will ich die generellen Anwendungsfälle von VMware SD-WAN und NSX beschreiben.

VMware SD-WAN optimiert den WAN-Verkehr mit dynamischer Pfadauswahl. Die Lösung ist transportunabhängig (Breitband, LTE, MPLS), einfach zu konfigurieren und zu verwalten (siehe Abbildung 1). Um eine gesicherte Verbindung zwischen Standorten, zu Public Cloud Service (wie z.B. Office 365) zu gewährleisten, verwendet SD-WAN ein gesicherte Overlay Technologie.

VMware SD-WAN nutzt die Dynamic Multi-Path Optimization (DMPO)-Technologie, um eine gesicherte Anwendungsperformance und einheitliche QoS-Mechanismen über verschiedene WAN-Verbindungen hinweg zu gewährleisten. DMPO verfügt über 4 Schlüsselfunktionalitäten - kontinuierliche Überwachung, dynamische Anwendungssteuerung, bedarfsgerechte Korrektur und anwendungsspezifisches Overlay-QoS.

Abbildung 1: VMware SD-WAN Übersicht

Abbildung 1: VMware SD-WAN Übersicht

 

DMPO kann die Leitungsqualität für Standorte mit zwei oder mehreren Verbindungen wie MPLS, LTE, Standleitungen usw. verbessern. Die WAN-Optimierung ist jedoch auch für Standorte mit einer einzigen WAN-Verbindung sinnvoll und bietet hierzu ebenfalls Verbesserungspotenzial.

Die NSX Software-Defined Networking Lösung wurde entwickelt, um Sicherheit, Netzwerktechnik, Automatisierung und Multi-Cloud-Konnektivität für virtuelle Maschinen, Container und Baremetal-Server bereitzustellen.

NSX-T bietet Netzwerkfunktionen mit GENEVE Overlay-Technologie, um Switching und Routing auf einer verteilten Hypervisor-Ebene zu realisieren. NSX bietet Multi-Hypervisor-Unterstützung (ESXi, KVM) und verfügt über eine richtlinien-gesteuerte Konfigurationsplattform (API gesteuert). Routingprotokolle wie BGP (Border Gateway Protocol) und OSPF (Open Shortest Path First) für Nord-Süd-Routing, NAT, Load Balancing, VPN, VRF-LITE, EVPN, Multicast, L2-Bridging und VPN können mit NSX implementiert werden.

Sicherheit mit Mikro-Segmentierung ist der primären Anwendungsfälle für NSX. Eine dedizierte Firewall sitzt vor jeder virtuelle Maschine (VM). Es existieren keine Abhängigkeiten zu IP-Adressbereichen oder VLAN Konfigurationen, dadurch ist eine Implentierung in einer bestehenden Infrastruktur mit minimalen Aufwand möglich. Eine Firewall, Deep-Paket-Inspection (DPI) und Context Engine auf jedem Hypervisor realisieren eine hochperformante Service Defined Firewall auf L7 Stateful Firewalling Basis. ESXi-Hosts benötigen keinen Agenten für die Mikro-Segmentierung, die bestehende ESXi-Management-Verbindung wird zum Ausrollen bzw. Verwalten von Firewall-Regeln genutzt.

IDPS (Intrusion Detection and Prevention System) ist seit NSX-T Version 3.x ebenfalls möglich, einschließlich einer verteilten Funktion (siehe für weitere Details meinen Blogbeitrag https://www.securefever.com/blog/nsx-t-30-ids). Andere Sicherheitsfunktionen wie URL-Analysen, Gateway Firewall für Nord/Süd-Sicherheit und Sicherheitsintegrationen von Drittanbietern in NSX sind ebenfalls inkludiert.

Multi-Cloud Technologie ist ein weiterer Anwendungsfall für NSX. Dies beinhaltet Szenarien zwischen firmeneigenen Rechen-zentren, um Disaster Recovery oder hochverfügbare Netzwerk- und Sicherheitslösungen zu gewährleisten, oder für hybride Public Cloud Lösungsansätze zwischen dem eigenen Rechenzentrum und der Public Cloud.

Container Networking und Sicherheit ist ein weiterer wichtiger Anwendungsfall für NSX. Dies kann mit dem dedizierten NSX NCP Container Plugin oder mit dem seit kurzem von VMware neu geschaffenen offenen Standard CNI (Container Network Interface) namens Antrea erreicht werden.

Weitere Detailinformationen zu NSX finden Sie im VMware NSX-T Reference Design Guide für NSX-T Version 3.x https://communities.vmware.com/docs/DOC-37591 und im NSX-T Security Reference Guide https://communities.vmware.com/t5/VMware-NSX-Documents/NSX-T-Security-Reference-Guide/ta-p/2815645

Wie sichert VMware SD-WAN und NSX medizinische Geräte ab?

Die Kombination aus SD-WAN und NSX macht die Lösung einzigartig. SD-WAN-Hardware-Edge-Boxen agieren als Gateway für die medizinischen Geräte, sowie für die sichere Transportverbindung zum Rechenzentrum. Innerhalb des Rechenzentrums sichert NSX die medizinischen Server ab. Diese Absicherung ist unabhängig vom Formfaktor, sprich ob es sich um eine virtuelle Maschine, einen Bare-Metal-Server oder eine Container-basierte Lösung handelt.

Die Lösung ist einfach zu installieren und zu betreiben, alle SD-WAN-Komponenten (Hardware und Software) werden vom SD-WAN Orchestrator (VCO) aus verwaltet. Die Konfiguration ist flexibel, es können z.B. globale Richtlinien implementiert werden. Die Komponenten im Rechenzentrum sind softwarebasiert und können einfach skalieren. Ein NSX Manager-Cluster wird für die Management- und Steuerungsebene für NSX innerhalb des Rechenzentrums etabliert.

1. SD-WAN Edge Komponente vor dem medizinischen Gerät

Der erste Zugangspunkt bzw. das Standard-Gateway der medizinischen Geräte ist die Edge-SD-WAN-Hardwarekomponente (siehe Abbildung 2). Alternativ ist es möglich einen L2-Switch oder WLAN-Access-Controller hinter dem Edge zu platzieren, wenn Sie mehrere medizinische Geräte in einem Bereich haben. Eine Firewall auf dem SD-WAN-Edge übernimmt die Zugriffs-sicherheit der medizinschen Geräte und die Verbindungen zwischen verschiedenen medizinischen Geräten hinter demselben SD-WAN-Edge.

Abbildung 2: Netzwerktopologie

 

2. Sichere Transportverbindung

Der SD-WAN-Edge am medizinischen Gerät baut einen dedizierten Tunnel zu einem SD-WAN-Edge im Rechenzentrum auf. Das lokale Netzwerk (LAN) bildet das Transportnetzwerk. Das VeloCloud Multi-Path Protocol (VCMP) wird verwendet, um einen IPSec-gesicherten Transporttunnel über Port UDP 2426 aufzubauen. Der SD-WAN-Edge im Rechenzentrum kann optional in Hardware implementiert werden, aber der einfachste Weg ist, ihn auf VM-basierten Formfaktor aufzubauen. Die VM hat eine WAN-Schnittstelle, um den IPSec-Endpunkt abzubilden, und eine LAN-Schnittstelle, um eine Verbindung zu den virtuellen Maschinen der medizinischen Geräte oder Bare Metal Server, wie DICOM- oder PACS-Server herzustellen. Wenn medizinische Geräte mit anderen medizinischen Geräten auf anderen SD-WAN-Edges kommunizieren müssen, wird der IPSec-Tunnel direkt ohne eine Umleitung zum Rechenzentrums-Edge hergestellt.

3. SD-WAN im Rechenzentrum mit Übergabe zu NSX

Wenn kein NSX Overlay (Routing & Switching) innerhalb des Rechenzentrums vorhanden ist, kann die bestehende vSphere Netzwerk Implementierung (siehe Abbildung 3) genutzt werden. Alle NSX-Sicherheitsfunktionen können ohne Änderungen im Routing- und Switching Bereich konfiguriert werden. Die VM`s oder Bare Metal Server nutzen den SD-WAN Edge als Gateway. Die NSX-Sicherheit ist unabhängig von der Netzwerkinfrastruktur und die NSX Distributed Firewall ist dediziert für jede VM-Schnittstelle (vnic) vorhanden. Das bedeutet, dass der Datenverkehr zwischen verschiedenen VMs gesichert werden kann und es keine Rolle spielt, ob die virtuellen Maschinen zum selben IP-Bereich gehören oder nicht. Wenn NSX Overlay vorhanden ist, wird eine Routing-Verbindung zwischen den SD-WAN-Edges und den NSX-Edges aufgebaut (siehe Bild 3). Dies kann über BGP, OSPF oder statisches Routing realisiert werden. Zur Absicherung des Nord-Süd-Verkehrs oder des Mandanten-Verkehrs kann eine NSX-Gateway-Firewall konfiguriert werden.

Abblidung 3: NSX Overlay Technologie

Abblidung 3: NSX Overlay Technologie

 

Betrieb und Überwachung

Der SD-WAN Orchestrator (VCO) kümmert sich um die Konfiguration und Administration der SD-WAN Edge Boxen. Der SD-WAN Orchestrator ist als SaaS-Service oder On-Premise verfügbar. Der SaaS-Service ist wesentlich einfacher zu implementieren und zu administrieren. Lediglich "Meta-Daten" werden vom SD-WAN Edge über einen verschlüsselten Tunnel zu Reporting- und Monitoring Zwecken an den Orchestrator (VCO) gesendet. Der VCO stellt auf seiner grafischen Benutzeroberfläche eine Überwachungsplattform mit den von den Edge-Geräten empfangenen Daten bereit. Die Edge-Geräte sammeln Informationen wie Quell-IP-Adresse, Quell-MAC-Adresse, Quell-Client-Hostname, Netzwerk-ID usw. Die SD-WAN-Hardware-Edges, die vor den medizinischen Geräten platziert werden, können dank eines Zero-Touch-Provisioning-Ansatzes von einer Nicht-IT-Person einfach aktiviert werden (siehe Abbildung 4). Der Prozess wird in 3 Schritten realisiert. Im ersten Schritt fügt der IT-Administrator die Edge zum VCO hinzu und erstellt einen Aktivierungsschlüssel. Der zweite Schritt ist der Versand des Geräts und eine E-Mail mit dem Aktivierungsschlüssel vom IT-Administrator an den lokalen Kontakt. Der letzte Schritt der Bereitstellung besteht darin, dass der Ansprechpartner vor Ort das Gerät mit Internetzugang anschließt und es mit dem dedizierten Schlüssel aktiviert, der per E-Mail gesendet wurde. Danach hat der IT-Administrator Zugriff auf den Edge und kann weitere Konfigurationen vornehmen, um die Verbindung zum medizinschen Geräte herzustellen.

Abbildung 4: “Zero Touch Provisioning” der SD-WAN Edge Komponenten

Abbildung 4: “Zero Touch Provisioning” der SD-WAN Edge Komponenten

 

Die gesamte Lösung kann mit vRealize Network Insight (vRNI) überwacht werden. vRNI kann Flows von physikalischen Netzwerkgeräten (Router, Switches, Firewall), SD-WAN, virtueller Infrastruktur (NSX, vSphere), Container und Multi-Cloud (AWS, Azure) einsammeln. Das Tool bietet Funktionen zur Fehlersuche und ist sehr hilfreich für das Erzeugen des Firewallregelsatzes. Die Visiblität einzelner Verbindungen ist ebenfalls dargestellt, siehe Abbildung 5 mit einem “Packet Walk” von einer dedizierten Quell-IP zu einer dedizierten Ziel-IP, die Pfaddetails sind ebenfalls sehr nützlich.

Abbildung 5: Pfad-Topologie mit vRealize Network Insight (vRNI)

Abbildung 5: Pfad-Topologie mit vRealize Network Insight (vRNI)

 


Zusammenfassung

Die Lösung ist einfach zu installieren und zu betreiben. SD-WAN und NSX verfügen standardmäßig über sehr viel Automatisierung, was es sehr flexibel und skalierbar macht. Die wichtigsten Merkmale sind:

SD-WAN

  • Zugriffsschutz der medizinischen Geräte durch MAC-Authentifizierung.

  • Es sind keine Änderungen am medizinischen Gerät erforderlich.

  • “Zero Touch Provision” der Edges für eine einfache Inbetriebnahme

  • Trennung der Ports an einem Edge durch verschiedene VLANs.

  • Zentrale Administration.

  • Verwendung von globalen Richtlinien für eine vereinfachte Administration.

  • Sichere Transportverschlüsselung vom Edge zum Rechenzentrum

  • Hardware oder Software möglich (im Rechenzentrum)

NSX

  • Schutz innerhalb des Rechenzentrums mit Distributed Firewall und Mikrosegmentierung auf VM-, Container- oder Baremetal-Server-Ebene.

  • Granulare Kontrolle des Zugriffs auf jeder VM

  • ESXi-Hosts benötigen keinen Agenten

  • Firewall-Regeln werden mit dem vMotion-Prozesses verschoben.

  • Routing-Instanzen können getrennt werden

  • NSX IDPS (Intrusion Detection Prevention System) mit einer verteilten Funktion verfügbar

  • Zentrale Administration und Überwachung

  • ESXi-Hosts an entfernten Standorten können mit NSX zentral administriert werden.

Es gibt eine weitere sehr interessante Anwendung namens Edge Network Intelligence (ehemals Nyansa). Dieses Tool ist für das Gesundheitswesen sehr interessant ist, wenn es um KI-gestützte Performanceanalysen für Netzwerke und Endgeräte geht. Ich werde in den nächsten Wochen einen weiteren Blog-Beitrag zu diesem Thema erstellen.

Joerg Roesch

Joerg is working as a Lead Solution Engineer at VMware. His focus is Network & Security for Multi Cloud architectures.

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